Neue Wege für Textil – Erstes Symposium der Fraunhofer-Allianz Textil

Zum ersten Symposium der Fraunhofer-Allianz Textil am 6. und 7. Juni 2018 kamen 48 Interessierte aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden an das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST nach Braunschweig. Im Fokus der Vorträge aus der Industrie standen »Smarte Textilien in Strukturbauteilen«, beispielsweise als mobiler Lärmschutz oder textile Verstärkungen von Hochleistungskompositen für die Luft- und Raumfahrt.

© Allianz Textil


Insgesamt dreizehn Fachvorträge über die Herstellung, den Einsatz und die Markteinführung intelligenter technischer Garne und Textilien bekamen großen Zuspruch aus dem Publikum und führten zu regen Diskussionen und Gesprächen. Besonderes Highlight war die Podiumsdiskussion »Neue Wege für Textil«, durch die der stellvertretende Sprecher der Allianz Textil und Leiter des Anwendungszentrums Textile Faserkeramik, Professor Ficker, führte. 

Projektaufträge – ein Umsatzfaktor für die Industrie

»Neue Produktinnovationen machen nicht das Hauptumsatzfeld aus, jedoch nehmen innovative Projektaufträge ein nicht unerhebliches Auftragsvolumen von bis zu 20 Prozent ein«, betonte Gerald Rosner, Geschäftsführer der WarmX GmbH, die unter anderem beheizte Textilien herstellt. Ralf Bosse, Produktionsleiter der Schmitz Textiles GmbH, stellte unter anderem die Problematiken der REACH-Auflagen für die Unternehmen heraus. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, investiert das Unternehmen in neue Veredlungsmethoden, beispielsweise in die Oberflächenfunktionalisierung durch Nano- und Plasmatechnologie.

Simulationsprogramme auf dem Vormarsch

Wie man sich den aktuellen Gegebenheiten anpasst, wo die Reise auf dem textilen Sektor hingeht und welchen Qualifikationen sich zukünftige Arbeitnehmer stellen müssen, wurde angeregt von Dr. Frauke Hänsch, Global Direktor R&D and QA des Garnherstellers Amann Group und Dr. Christine König,verantwortlich für Personal- und Organisationsentwicklung der Math2Market GmbH, einem Anbieter von Simulationssoftware, diskutiert. Beide stimmten überein, dass Textilhersteller zukünftig ihren Fokus darauf richten müssen, Problem- und Zielstellungen optimal zu erfassen und herauszuarbeiten, um sich erfolgreich am Markt zu behaupten. Moderne Simulationsprogramme werden dabei eine zunehmend größere Rolle spielen. Auf die Frage, ob sich neue kostenintensive Materialien durchsetzen lassen, argumentierte Prof. Lothar Kroll, Sprecher der Allianz Textil, für die Zukunft unter anderem von Kohlenstofffasern in Massenanwendungen und der Notwendigkeit neuer Technologieentwicklungen für die Großserienfertigung von textilen Leichtbaustrukturen. Vor diesem Hintergrund werden am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP kostengünstige Precursoren für die Herstellung von Carbonfasern entwickelt. Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU entwickelt zudem textile Leichtbaustrukturen. 

Neue Einsatzmöglichkeiten für Textilien

Die Vorträge stellten eine Vielzahl erfolgreicher Einsatzmöglichkeiten technischer Textilien vor, von Membranstrukturen für anspruchsvolle Bauten und mobilen Lärmschutzwänden der Marke »CENO-Wall« der Sattler AG aus Österreich bis hin zu innovativen funktionsintegrierten Faserverbundstrukturen für die Luft- und Raumfahrt, entwickelt von der INVENT GmbH, deren Arbeiten von Maik Wonneberger präsentiert wurden. Ein Höhepunkt war der Vortrag von Prof. Axel Herrmann, Geschäftsführer der Airbus-Tochter CTC GmbH, über den Trend zu textilen Verstärkungen für Hochleistungskomposite bei AIRBUS. Durch die Reduzierung der Zykluszeiten, effiziente Verbindungstechniken und den Einsatz thermoplastischer Matrizes (z. B. PEEK) will sich der Konzern für die Zukunft dem wachsenden Bedarf an Flugzeugen stellen.

Die neuen textilen Einsatzgebiete wurden durch die Entwicklung und das Angebot innovativer Methoden und Verfahren zur Verbesserung der Funktionseigenschaften, z. B. der Oberflächenbeschichtung mittels der sogenannten Atomlagenabscheidung (ALD), vorgestellt von der Schmitz Textiles GmbH und dem Fraunhofer IST und u. a. durch intelligente Garne, vorgestellt von der Amann Group erst möglich.

 

Neue Möglichkeiten mit der Open Hybrid Lab Factory (OHLF)

Maschinen der beiden führenden Hersteller auf dem Gebiet von Kompositetextilien, der VANDEWIELE Group im Bereich Weberei und der KARL MAYER Technische Textilien GmbH im Bereich Wirkerei, wurden in den Vorträgen vorgestellt und beeindruckten das Fachpublikum bei der anschließenden Besichtigung der Open Hybrid Lab Factory (OHLF) in Wolfsburg, dem Leichtbau-Forschungszentrum für Materialentwicklung und Produktionstechnik für die Herstellung hybrider Bauteile.

 

Fraunhofer: FuE-Partner für die gesamte textile Wertschöpfungskette

Die begleitende Ausstellung der Allianzinstitute brachte den Besuchern aktuelle Forschungsprojekte mit Industriepartnern näher und gab zahlreiche Anregungen und Ideen.

Derzeit bündeln 13 Fraunhofer-Institute ihrer Einzelkompetenzen, um die textile Wertschöpfungskette von der Textilmaschine über Faserherstellung, Preform/Halbzeugherstellung, Textilfunktionalisierung, Smart Textiles, Prozess- und Produktsimulation bis hin zu Faserverbundkomponenten abzubilden. Komplexe Textilthemen können dadurch gemeinsam synergetisch und effizient bearbeitet werden. Gegründet wurde die Allianz 2016 als Reaktion auf den zunehmenden Innovations- und Forschungsbedarf der Industrie.